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Wie stellt sich das EU-Finanzrecht zu den FinTech-Unternehmen?

Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) führte eine Forschung im Bereich der europäischen Finanzmärkte durch und veröffentlichte am 12. Juli 2019 einen Bericht über den Zustand der Lizenzmodelle bei FinTech-Unternehmen. Der Bericht geht von zwei eigenständigen Forschungen aus, die durch ESMA seit Januar 2018 durchgeführt wurden und im Rahmen der Europäischen Union Daten zu Lizenzmodellen gesammelt haben, auf deren Grundlage Lizenzen für FinTech-Unternehmen erteilt werden. Für diese Daten wandte sich die ESMA an die lokalen Wettbewerbsbehörden, die ein aktuelles Bild über die Praxis der Erteilung der Lizenzen für Finanztätigkeiten geliefert haben.

Die erste Forschung vom Januar 2018 versuchte, potentielle Lücken und Probleme im bestehenden Regulierungsrahmen der EU zu identifizieren, und hat beurteilt, wie die innerstaatlichen Modelle voneinander abweichen. Die zweite Forschung wurde im Januar 2019 eröffnet und versuchte herauszufinden, inwieweit die nationalen Wettbewerbsbehörden vom Konzept der „Proportionalität“ und „Flexibilität“ bei der Erteilung der Lizenzen an FinTech-Unternehmen Gebrauch machten.

Allgemein setzte sich die ESMA zum Ziel festzustellen, wie die europäische Gesetzgebung in den Rechtsordnungen der einzelnen EU-Länder funktioniert und wo sie den nationalen Wettbewerbsbehörden die größten Schwierigkeiten bereitet. In Fällen, in denen Unstimmigkeiten entdeckt wurden, wurde von der ESMA den nationalen Behörden ein Satz von Empfehlungen zur mehr effizienten Ergreifung des EU-Finanzrechtes bereitgestellt. Die aus den Forschungen gezogenen Schlüsse helfen somit sicherlich zur Steigerung der Effektivität bei der Erfüllung der betreffenden Gesetzgebung.

Die primäre Feststellung der ESMA ist die Bestätigung der Annahme, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden zwischen der Erteilung der Lizenzen an FinTech-Unternehmen und an traditionelle Geschäftsmodelle in der Regel nicht unterscheiden. Dies ergäbe sich daraus, dass die meisten nationalen Wettbewerbsbehörden die EU-Finanzgesetzgebung im Bereich der Lizenzen als genug variabel wahrnehmen, und wenn daher ein FinTech-Unternehmen zugelassen wird, wird ihrerseits der Anwendung der spezifischen Technologien kaum Aufmerksamkeit gewidmet und die Lizenzerteilung meistens nur im Regime einer üblichen Lizenz für die Finanztätigkeit erledigt. Andererseits haben viele der nationalen Wettbewerbsbehörden angeführt, die wirksame europäische Gesetzgebung sei nicht klar genug und sie hätten deren Präzisierung beantragt.

Die wichtigsten Feststellungen der ESMA-Forschung sind wie folgt:

  • Problematische Bereiche, wo die FinTech-Unternehmen nicht genau unter die bestehenden Regeln fallen, sind insbesondere Kryptoaktiva (Kryptowährungen), Verkauf von Teilen der virtuellen Währung (ICO) und Technik verteilter Kassenbücher (DLT). In diesen Bereichen ersuchten viele nationale Wettbewerbsbehörden um eine Übersicht der Regulierungsanforderungen, die aus der EU ergehen, und um eine strengere Abgrenzung einiger Finanzinstrumente im EU-Finanzrecht.
  • Cloud Outsourcing und Computersicherheit, auch in diesem Bereich äußerten einige der erwähnten nationalen Behörden Unklarheiten hinsichtlich der Verwaltungs- und Risikosteuerungsverfahren, die mit den Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden sind, und beantragten deren Präzisierung.
  • Das Verhältnis zwischen den innovativen Vermittlern und der Lizenzerteilung an FinTech-Unternehmen ist laut Feststellung der ESMA sehr eng. Als Vermittler von Innovationen werden auch solche Organisationen bezeichnet, die die unternehmerische und Forschungssphäre verbinden und dadurch die Entfaltung der innovativen Ansätze fördern. Dadurch sind die Vermittler von Innovationen grundlegende Elemente bei der Erkundung der Rechtsregelung der Lizenzerteilung und helfen mit ihrer Tätigkeit wesentlich bei der Entdeckung von Schwachstellen der Finanzgesetzgebung.
  • Crowdfunding und Social Trading – in dieser Frage bestätigte die ESMA, dass zurzeit Diskussionen über die ganzeuropäische Regulierung laufen, die auf innovative Investmentinstrumente ausgerichtet sind, welche in der bestehenden Richtlinie (MiFID II) nicht genug reguliert sind. Obwohl die Crowdfunding- und Sozial-Trading-Dienstleister direkt der Aufsicht des Europäischen Parlaments und der Europäischen Kommission unterliegen, erwartet man, dass im Falle der neuen Richtlinie die Schlüsse der ESMA-Forschung in Betracht gezogen und dadurch die Bedingungen für innovative Finanzdienstleister allgemein verbessert werden.

Fazit

Die durchgeführten Forschungen haben gezeigt, wie die nationalen Wettbewerbsbehörden mit dem bestehenden EU-Finanzrecht arbeiten, und haben den erforderlichen Einblick in diese Problematik auf Ebene der Mitgliedsländer geliefert. Aufgrund der gewonnenen Daten hat die ESMA den Schluss gezogen, dass zurzeit die meisten FinTech-Unternehmen im Rahmen der wirksamen EU-Gesetzgebung tätig sein können. Obwohl die Forschung Mängel und Unklarheiten zeigte, handele es sich laut ESMA um keine derart wichtigen Probleme, die eine individuelle Lösung verhindern würden, der Bedarf am Erlass einer ganz neuen Richtlinie fällt daher vorerst weg.

 

Quellen:

https://www.esma.europa.eu/press-news/esma-news/esma-publishes-report-licencing-fintech-firms-across-europe

https://www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/esma50-164-2430_licensing_of_fintech.pdf

https://ec.europa.eu/info/publications/180308-action-plan-fintech_en

Report - FinTech: Regulatory sandboxes and innovation hubs

Joint Advice of the European Supervisory Authorities - To the European Commission on the need for legislative improvements relating to ICT risk management requirements in the EU financial sector

Advice - Initial Coin Offerings and Crypto-Asset

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