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Compliance Programm aus der Sicht des Unternehmensstrafrechts

Der Tag der Wirksamkeit der Novelle des Gesetzes Nr. 418/2011 Sb., zur strafrechtlichen Verantwortung von Unternehmen sowie das Verfahren gegen juristische Personen (nachfolgend nur das „Unternehmensstrafgesetz“), die in der Gesetzessammlung unter der Nr. 183/2016 veröffentlicht wurde, liegt bereits mehr als ein Jahr zurück. Diese wichtige Novelle brachte eine Änderung sowohl im Umfang als auch in der Konzeption der strafrechtlichen Verantwortung von Unternehmen, und zwar einschließlich der Möglichkeit der Unternehmen, sich im konkreten Falle durch die Erfüllung der gesetzlichen Bedingungen von ihrer strafrechtlichen Verantwortung zu befreien. Der vorliegende Artikel befasst sich mit einer solcher Möglichkeiten, und zwar im Einzelnen durch ein richtig eingestelltes Compliance Programm. Die Rechtsprechung gab uns nämlich im vergangenen Jahr (z.B. in der immer noch anhängigen Rechtssache „AGROTEC“) zu diesem Thema einige wichtigen Leitfäden.

 

Bedeutung des Compliance Programms

Soll sich ein Unternehmen von seiner strafrechtlichen Verantwortung befreien, so muss es gemäß § 8 Abs. 5 Unternehmensstrafgesetz nachweisen, dass es sämtliche zumutbare Anstrengung aufgewendet hat, um das Begehen der rechtswidrigen Tat durch Personen, deren Verhalten ihm zugerechnet wird, zu verhindern. Es bietet sich an, dass eine solche Anstrengung z. B. gerade die Erstellung eines funktionsfähigen Compliance Programms umfasst. Dieses besteht in der Regel aus einer Gruppe interner Vorschriften zur Regelung von Organisations-, Personal-, technischen und Sicherheitsfragen, deren Ziel darin liegt, das rechtswidrige Verhalten natürlicher Personen im Rahmen der Tätigkeit eines Unternehmens, das die strafrechtliche Verantwortung des Unternehmens begründen könnte, wirksam vorzubeugen.

 

Gemäß der Entscheidung des Obergerichts in Prag in der Rechtssache „AGROTEC“ genügt jedoch eine bloße formale Existenz des Compliance Programms nicht und führt ohne Weiteres nicht zu dem Schluss, dass das Unternehmen im Sinne des Gesetzes „sämtliche zumutbare Anstrengung“ aufgewendet hat, um das Begehen der Straftat zu verhindern.

 

Wie soll die Funktionsfähigkeit des Compliance Programms sichergestellt werden?

Das Obergericht in Prag hat sich in dem Sinne geäußert, dass es, um einen zuverlässigen Schluss darüber ziehen zu können, dass das Unternehmen „sämtliche zumutbare Anstrengung“ im vorgenannten Sinne aufgewendet hat, erforderlich ist, eine detaillierte Einsicht in die Tätigkeit des Unternehmens zu nehmen und eine Vorstellung über die Funktion des Unternehmens, dessen Leitung, interne Kontrolle und die Fähigkeit, auf die festgestellten Probleme entsprechend zu reagieren, zu haben.

 

Soll also das Compliance Programm den Zweck erfüllen, der in der Ausschließung der strafrechtlichen Verantwortung des Unternehmens liegt, ist es erforderlich, dass dieses: 

  • ein redliches und nachweisbares Streben des Unternehmens nach der Verhinderung des rechtswidrigen Verhaltens im Rahmen seiner Tätigkeit widerspiegelt, und
  • sämtliche getroffene Schutzmaßnahmen lebensfähig sind und diese seitens des Unternehmens erfüllt, gefordert, kontrolliert, durchgesetzt und überprüft werden.

 

Ein funktionsfähiges Compliance Programm sollte somit in der Regel Folgendes enthalten: 

  • aufeinander abgestimmte interne Vorschriften, die das Organisationsschema und die Zuständigkeiten der natürlichen Personen im Rahmen des Unternehmens umfassend regeln,
  • Kontrolle der Konformität der internen Vorschriften mit den Rechtsvorschriften und deren regelmäßige Aktualisierung,
  • Systeme der internen Kontrolle der Beachtung der Vorschriften und Protokolle der durchgeführten Kontrollen,
  • Aufzeichnungen über die festgestellten Verstöße, Folgen der Verstöße und getroffenen Maßnahmen,
  • Sicherstellung der Möglichkeit der vertraulichen internen Anzeige der Verstöße, z. B. durch eine anonyme Compliance-Linie, E-Mail usw.
  • Schulungen der sich an der Tätigkeit des Unternehmens beteiligenden Personen und Kontrolle ihrer Kenntnisse,
  • Aufzeichnungen über die durchgeführten Schulungen, aus denen die Häufigkeit, der Inhalt und die Intensität der Schulungen ersichtlich sind,
  • regelmäßige Auswertung der Effektivität des Compliance Programms und dessen Aktualisierung.

 

Hervorzuheben ist dabei, dass die Bedingungen für die Freistellung von der strafrechtlichen Verantwortung zu der Zeit des Begehens des rechtswidrigen Verhaltens, das dem Unternehmen zugerechnet wird, erfüllt sein müssen, d.h. nicht erst im Nachhinein, nachdem seitens der Strafverfolgungsbehörden die entsprechenden Schritte eingeleitet wurden.

 

Schlussfolgerung

Zur Minimierung des Risikos der eigenen strafrechtlichen Verantwortung empfehlen wir allen Unternehmen, eingehende (und bei Bedarf auch periodisch wiederholte) Überprüfungen der bestehenden internen Vorschriften durchzuführen, um sicherzugehen, dass ihr Compliance Programm zu jeder Zeit aktuell, effektiv und auf ihre Bedürfnisse „maßgeschneidert“ ist.

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